Auf Abstand: Positionen von Dienstgeber- und Mitarbeiterseite

Bei der von der Mitarbeiterseite beantragten außerordentlichen KODA-Sitzung am 26. Mai, die im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen mit Präsenz der KODA-Mitglieder stattfand, waren nicht nur die Sitzplätze Corona-bedingt auf Abstand ausgelegt. Auch die Positionen von Mitarbeiter- und Dienstgeberseite wiesen einen bedeutenden Abstand zueinander auf, als es um den Antrag auf Übernahme des „TV Covid“ des öffentlichen Dienstes in die AVO ging.

Die Mitarbeiterseite begründet ihren Antrag damit, dass die Präambel der AVO aussagt, dass die Arbeitsvertragsordnung „mit den Regelungen und Leistungen des öffentlichen Dienstes vergleichbar bleiben“ soll. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass nach Art. 7 der Grundordnung für den kirchlichen Dienst tarifliche Fragen in den paritätisch besetzten Kommissionen entschieden werden sollen.

Inhaltlich machte die Mitarbeiterseite deutlich, gerade in einer so außergewöhnlichen Zeit dürfe man insbesondere für Mitarbeiter*innen in den niedrigen Entgeltgruppen drohende existenzielle Fragen nicht auf die betriebliche Ebene verlagern. Beispielhaft wurde darauf hingewiesen, dass Reinigungs- oder Hauswirtschaftskräfte bei einer Reduzierung des Einkommens auf 60 Prozent Kurzarbeitergeld, massive Einkommensverluste erleiden, die zu den gesundheitlichen Befürchtungen zusätzlich wirtschaftliche Nöte hervorrufen. Daher sei die Übernahme des „TV Covid“ mit den entsprechenden Aufstockungsleistungen auf 95 Prozent für die Entgeltgruppen bis E 10 und 90 Prozent für die Entgeltgruppen ab E 11 ein wichtiges Zeichen der Unterstützung von Mitarbeiter*innen im kirchlichen Dienst.

Mit Blick auf die nachvollziehbaren Sorgen einiger kirchlicher Träger, die bei zusätzlichen finanziellen Belastungen eine Insolvenz und damit auch den Verlust von Arbeitsplätzen befürchten, hat die Mitarbeiterseite einen Solidarpakt angeboten. Dieser sieht vor, dass es für insolvenzgefährdete Einrichtungen einen Solidarfonds zum Ausgleich der Mehrbelastungen aus dem „TV Covid“ gibt. Dieser Fonds sollte gespeist werden aus einem Solidarbeitrag aller Mitarbeiter*innen im Geltungsbereich der Regional-KODA Osnabrück/Vechta. Von der Größenordnung her wäre hier vermutlich ein Beitrag in Höhe von etwa 1 Prozent des Entgeltes ausreichend.

Die Mitarbeiterseite begründete ihr durch den Antrag unterbreitetes Angebot damit, dass in einer so außergewöhnlichen Zeit gerade in Kirche auch außergewöhnliche Entscheidungen im Sinne einer Solidarität möglich sein müssten, um diejenigen zu unterstützen, die unverschuldet in Not geraten. Ein solcher Schritt sei aus ethischer, moralischer und nicht zuletzt christlicher Grundhaltung dringend geboten. Dieser Hinweis wurde u.a. mit dem Verweis auf andere Branchen, wie z.B. die IG Metall, angeführt, wo man schon vor Wochen eine tarifliche Vereinbarung zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes in Verbindung mit einer Solidaraktion geschlossen hatte.

Bei der Dienstgeberseite stießen all diese Argumente nicht auf Gehör. Man beharrt darauf, dass eine tarifliche Regelung im kirchlichen Bereich nicht zwingend notwendig sei und man daher auch keine wolle. Mit der Änderung der MAVO durch den Bischof habe man die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass auch kirchliche Einrichtungen in Kurzarbeit gehen könnten. Wie dann eine entsprechende Dienstvereinbarung aussehe, sei in der Einrichtung selbst auszuhandeln, denn da kenne man die Rahmenbedingungen am besten.

Gemäß der Verfahrensweise in der KODA stand der Antrag der Mitarbeiterseite diesmal zur Beratung an. Bei der nächsten, für den 2. Juli anberaumten Sitzung des KODA-Plenums steht er noch einmal auf der Tagesordnung und dann wird darüber abzustimmen sein.

Die Mitarbeiterseite sieht hier die Grundlagen des „Dritten Weges“ in Frage gestellt, wenn in derart zentralen Dingen im Zusammenhang mit einer gesamtgesellschaftlichen Notsituation die Prinzipien der Grundordnung des kirchlichen Dienstes, die explizit in der AVO benannte Orientierung am öffentlichen Dienst sowie der Aspekt gerechter und vergleichbarer Rahmenbedingungen für kirchliche Mitarbeiter*innen unberücksichtigt bleiben.